Die Projektlandschaft für Freelancer in Deutschland steht aktuell unter Druck: Auf freelance.de wird bald die Marke von 300.000 registrierten Freelancern geknackt – ein deutlicher Anstieg. Gleichzeitig gibt es weniger Ausschreibungen, längere Akquisezeiten und spürbar mehr Wettbewerb. Das bestätigen nicht nur aktuelle Plattformdaten, sondern auch die Ergebnisse einer Umfrage unter rund 250 Freelancern auf freelance.de.

Knapp 80 % der Befragten empfinden die aktuelle Projektlage als schwierig oder sehr schwierig. Viele investieren inzwischen mehrere Stunden pro Woche in die Akquise, kämpfen mit zu wenigen passenden Ausschreibungen und sehen sich wachsendem Preisdruck ausgesetzt.
Gleichzeitig zeigen die Plattformdaten erste Signale der Stabilisierung – vor allem in Projektbereichen wie Marketing, Kommunikation oder HR. Es entstehen neue Bedarfe, während klassische Segmente wie IT und Engineering rückläufig sind.
Was bedeutet das für Freelancer und Unternehmen?
In diesem Artikel kombinieren wir Daten von freelance.de mit dem Stimmungsbild aus der Community, um ein umfassendes Bild vom Markt zu zeichnen und Impulse für Akquise, Positionierung und Vergütung zu geben.
1. Projektvolumen auf freelance.de: Projekte weiterhin rückläufig
Im Juli 2025 wurden 5.300 neue Projekte veröffentlicht – -10 % im Vergleich zu Juli 2024 und -25 % gegenüber Juli 2023. Von Januar bis Juli summiert sich das Projektvolumen auf 33.900 Projekte, was -16 % unter 2024 und -32 % unter 2023 liegt.
2. Stimmungslage der Freelancer: Hoher Akquiseaufwand
Unsere Umfrage unter 253 Freelancern bestätigt: Die Lage wird überwiegend als schwierig empfunden.
- 79 % bewerten die Marktsituation negativ („schwierig“ oder „sehr schwierig“).
- Nur 21 % sehen sie positiv oder zumindest stabil.
Akquiseaufwand: Die Hälfte der Befragten investiert mehr als 3 Stunden pro Woche in die Suche nach neuen Aufträgen – ein klares Signal für gestiegenen Aufwand.
Hinweis: Dies ist eine interaktive Grafik. Die angezeigte Frage kann ausgewählt und geändert werden.
Größte Herausforderungen bei der Projektakquise
Die größte Hürde ist eindeutig das mangelnde Angebot an relevanten Projekten (60 %). Gleichzeitig sind auch Marktdruck und Sichtbarkeit (26 %) zentrale Probleme.
Genutzte Akquise-Kanäle
Plattformen wie freelance.de (84 %) sind der mit Abstand am häufigsten genutzte Kanal zur Projektakquise – gefolgt vom persönlichen Netzwerk und Empfehlungen (68 %). Auch Social Media (44 %) wird regelmäßig genutzt, während eigene Websites oder Portfolios eher ergänzend zum Einsatz kommen.
Wichtiger Hinweis zur Methodik: Die Umfrage wurde direkt auf dem Portal freelance.de durchgeführt. Teilnehmen konnten ausschließlich registrierte Nutzer:innen der Plattform. Das erklärt auch, warum Freelancer-Plattformen wie freelance.de bei der Nennung der wichtigsten Akquise-Kanäle besonders häufig genannt wurden und stellt somit eine gewisse Ergebnisverzerrung (Bias) dar.
3. Kategorien im Wandel: Der Boom der „Sonstigen”
Im Monatsvergleich Juni → Juli 2025 stieg die Zahl der veröffentlichten Projekte um 18 %. Besonders auffällig: die Kategorie „Sonstiges“ mit Projekten aus Marketing, Kommunikation, Personal, Administration und Recht.
Daten im Überblick:
- Juli 2025: 2.200 Projekte in „Sonstiges“
- +144 % im Vergleich zu Juli 2024 (900 Projekte)
- +500 Projekte gegenüber Juni 2025 (1.700 Projekte)
Im Gegensatz dazu verzeichnen klassische Kategorien im Jahresvergleich deutliche Rückgänge:
- IT: -37 %
Ingenieurwesen: -33 % - Verwaltung: -60 %
- Einzige Ausnahme: Versicherungen und Finanzen, die auf Vorjahresniveau verharren.
Im Monatsvergleich (Juni → Juli 2025) ist jedoch eine leichte Belebung erkennbar:
- IT: +100 Projekte
- Ingenieurwesen: +100 Projekte
- Verwaltung: +100 Projekte
Fazit: Während klassische Segmente weiter unter Druck stehen, erlebt die Kategorie „Sonstiges“ einen deutlichen Aufschwung. Dies deutet auf eine strukturelle Verschiebung hin – weg vom reinen Tech-Fokus, hin zu einer höheren Nachfrage nach interdisziplinären Profilen in Kommunikation, HR, Recht und administrativen Aufgaben.
4. Skills & Stundensätze: Was wird gesucht und darf verlangt werden?
Die wichtigsten Freelancer-Skills 2025 – nach Branchen im Überblick
Der Freelancer-Markt verändert sich rasant – getrieben von Digitalisierung, neuen Arbeitsmethoden und branchenspezifischen Herausforderungen. Unsere aktuelle Auswertung zeigt, welche Kompetenzen für Selbstständige aktuell besonders gefragt sind – geordnet nach zentralen Projektbereichen.
Informations- und Kommunikationstechnologie
In der IT bleiben ERP- und Datenkompetenzen das Maß der Dinge. SAP-Expertise, insbesondere in S/4HANA und HANA, ist bei Projekten rund um Prozessdigitalisierung kaum wegzudenken. Ebenso im Fokus: Data Science, Python-Programmierung und fundierte SQL-Kenntnisse. Cloud-Plattformen wie Microsoft Azure sowie Technologien wie Kubernetes und Docker bestimmen den Aufbau moderner Infrastrukturen. Auch DevOps-Know-how, Continuous Integration und Versionskontrollsysteme wie Git sind stark gefragt. Sicherheitsexpertise – etwa in der Informationssicherheit und bei Firewalls – rundet das Profil ab.
Ingenieurwesen
In Bau- und Technikprojekten sind erfahrene Betriebsingenieure und Bauleiter unverzichtbar. Auch Spezialisten in Verfahrenstechnik, Maschinenbau und Gebäudetechnik profitieren von einer stabilen Nachfrage. Besondere Chancen bieten sich zudem für Fachleute in der Energiebranche, etwa als Well Engineers, vor dem Hintergrund der Energiewende und Infrastrukturprojekte.
Verwaltung
Verwaltungs- und Organisationskompetenzen bleiben gefragt – vor allem in der Planung, Budgetierung und im Controlling. Auch Fähigkeiten in der Projektplanung und im Anforderungsmanagement sind entscheidend, um Projekte effizient und wirtschaftlich zu steuern.
Versicherungen und Finanzen
In der Finanz- und Versicherungsbranche stehen Risikomanagement, Compliance und Wirtschaftsprüfung hoch im Kurs. Auch operative Finanzaufgaben wie Rechnungswesen und Kundenbuchhaltung werden häufig an Freelancer vergeben, um Expertise flexibel ins Unternehmen zu holen.
Kommunikation, Marketing und Öffentlichkeitsarbeit
Unternehmen setzen auf Kommunikationsexperten, die interne und externe Botschaften strategisch steuern können. Agile Methoden wie Scrum oder Kanban spielen auch in Marketing- und Kommunikationsprojekten eine wichtige Rolle, unterstützt durch Tools wie Jira und Confluence. Innovationsberatung und Coaching-Kompetenzen sind besonders gefragt, wenn es um Veränderungsprozesse geht.
Kunst, Kultur und Medien
Kreativität trifft hier auf Technik: Neben klassischen künstlerischen Tätigkeiten sind Web- und Frontend-Entwicklung – etwa mit JavaScript, AngularJS oder TypeScript – stark nachgefragt. Digitale Medienproduktionen erfordern zunehmend hybride Profile, die Gestaltung und Programmierung verbinden.
Recht, Personalwirtschaft und Sozialwesen
Juristische Beratung, Compliance-Management und Personalrekrutierung zählen zu den Top-Skills in diesem Bereich. Besonders im Fokus: Recruiter mit Branchenkenntnissen und Berater für Geschäftsprozessoptimierung, die Unternehmen in Veränderungsprozessen begleiten.
Einkauf und Lagerhaltung
Einkaufsexperten und Logistikmanager sind gefragt, um Lieferketten stabil zu halten und Beschaffungsprozesse strategisch zu optimieren – ein Bereich, der durch geopolitische Unsicherheiten zusätzlich an Bedeutung gewonnen hat.
Bildungswesen und Training
Trainer, Coaches und Agile Coaches sorgen dafür, dass Teams für neue Technologien und Arbeitsmethoden fit gemacht werden. Die Fähigkeit, komplexe Inhalte praxisnah zu vermitteln, ist in Projekten ebenso entscheidend wie die Erfahrung in der Teamentwicklung.
Freelancer-Stundensätze nach Branchen
Die Auswertung zeigt den Median-Stundensatz der in den letzten Monaten aktualisierten Freelancer-Profile – jeweils nach Branchen aufgeschlüsselt. So wird deutlich, in welchen Bereichen sich die Honorarvorstellungen zuletzt verändert haben und wo aktuell Bewegung im Markt ist. Durch die Verwendung des Medianwerts werden extreme Ausreißer nach oben oder unten ausgeblendet, sodass ein realistisches Bild der marktüblichen Preise entsteht. Gleichzeitig dient die Übersicht als praktischer Stundensatz-Check: Freelancer können ihre eigenen Preise mit den Medianwerten ihrer Branche vergleichen und so besser einschätzen, ob eine Anpassung sinnvoll ist.
5. Takeaways
Für Freelancer heißt das:
- auf Sichtbarkeit und Positionierung achten,
- neue Kompetenzfelder erschließen,
- und auf Trends wie KI oder hybride Projektrollen reagieren.
Für Unternehmen bedeutet es:
- Jetzt gezielt Freelancer einbinden
- Von einem großen und aktiven Talentpool profitieren
- Flexibel auf Markt- und Projektbedarfe reagieren



